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Denk’ ich ans Hochmoor in der Nacht …

Sonntag, 18. März 2007 von Hergen Erhardt

Hochmoore waren großräumige Landschaftselemente, die über lange Zeiträume vom Menschen unberührt blieben und unsere Region prägten. Umso drastischer waren die menschlichen Einflüsse in den letzten Jahrhunderten. Selbst in den letzten Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts, in denen sich allgemein ein Bewusstsein für Umwelt- und Naturschutz verbreitete, sind noch große Bereiche Hochmoor dem industriellen Torfabbau überantwortet worden.

Anders als der Wald, der deutsche Wald, spielt das Hochmoor im öffentlichen Interesse eine untergeordnete Rolle. Es gibt einen Waldschadensbericht aber keinen Moorschadensbericht. Aufgrund der positiven Wirkung auf den Naturhaushalt können seit Rio und Kyoto mit den Wäldern sogar Klimageschäfte gemacht werden.

Hochmoore hingegen sind eins der wenigen landgebundenen Biotope, die der Atmosphäre fortlaufend und dauerhaft Kohlenstoff entziehen und diesen speichern. Wälder können das nicht. Nur in der Wachstumsphase nimmt der Wald mehr CO² auf als er abgibt. Befindet sich der Wald in der Reifephase, nimmt die Freigabe von CO² durch Verrottung zu, die Bilanz zwischen Aufbau und Abbau organischer Substanz ist bestenfalls ausgeglichen.

Im Hochmoor werden abgestorbene Pflanzen durch die sauerstofffreie Ablagerung unter Wasser der Verrottung weitgehend entzogen. Das Hochmoor wächst in die Höhe und wirkt als Kohlenstoffsenke.

Der Mensch hat das Wachstum der Moore gestoppt. Dadurch wird die weitere Ablagerung von Kohlenstoff unterbunden. Aber damit nicht genug: Sobald wir Hochmoor intensiv landwirtschaftlich nutzen oder abtorfen, wird der Torf mit Sauerstoff versorgt und Zersetzung setzt ein, Kohlenstoff wird freigesetzt und zwar in einem Umfang der wenig untersucht ist. Der Kleingärtner kann ein leidiges Lied davon singen. Da kann man Jahr für Jahr sackweise Torfmull in die Beete karren, so dass man streng genommen selbst bereits abbauwürdige Torfvorkommen angehäuft haben müsste. Aber nix da, das Zeug verpufft und löst sich quasi in Wohlgefallen auf.

Was ist nachhaltig daran, von anderen Staaten zu fordern, den Regenwald für ein Klimagleichgewicht zu erhalten, wenn wir unsere effektivste CO²-Senke als Trägermaterial der industriellen Pflanzenproduktion verfrühstücken.

In diesem Zusammenhang ist vielleicht die sogenannte Gaia-Theorie sehr aufschlussreich. Danach wird der Planet Erde als lebender Organismus angesehen und dieses Lebewesen Erde hat den Menschen erfunden, um gerade die abgelagerten Kohlenstoffreserven wieder in den Kreislauf zurückzuholen.

Meine Großeltern siedelten in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts am Küstenkanal. Es begann in einer Hütte aus Torfsoden. Torf wurde gestochen, getrocknet und an die frierenden Bürger Oldenburgs verkauft. Nach der Kultivierung des Unlandes rangen sie und später meine Eltern dieser Landschaft eine Existenz ab.

Denn ersten denn Dod, denn tweeten dei Not, denn drütten dat Brod. Disse Wöör kennt wie aal. Aver stimmt dat denn eegentlich? Tominst för denn veerten giv dat nich mehr veel to doon in’t Moor.

Im Zeitalter von Überproduktion ist es kaum vermittelbar, dass auf Hochmoor Mais angebaut werden muss. In nassen Jahren sehen solche Äcker nach der Ernte wie ein Seitenarm des Grand Canyon aus.

Der Staat hat über einen langen Zeitraum keine Mühen gescheut und manchen juristischen Winkelzug ersonnen, um das ungenutzte Unland unter den segenbringenden Pflug zu bekommen. Siedlungsämter haben landlose Bauern in geländegängige Holzschuhe gesteckt und sie nach Kräften bei der Urbarmachung des Moores unterstützt.

Wenn nur ein Bruchteil des Geldes, das mit dem Raubbau am Moor verdient wurde, jetzt in die Renaturierung flösse, könnten wir sicher blühende Hochmoorlandschaften entstehen lassen.

Wie kann nun die Zukunft im Hochmoor aussehen? Neuer Torfabbau sollte nicht genehmigt werden. Abgetorfte Flächen müssen vernässt werden. Darüber sollte kein Diskussionsbedarf bestehen.

Auch wenn es manche nicht gern hören, Hochmoore sind landwirtschaftlich gesehen Grenzertragsstandorte. Erträge sind nur mit hohem Einsatz an Ressourcen möglich. Maisacker mit Gülleausbringung ist auf Hochmoor weder umweltverträglich noch entspricht es laut Landwirtschaftskammer der ordnungsgemäßen Landwirtschaft.

Landwirtschaft muss auf Hochmoorstandorten extensiv sein, ohne Gülleeinsatz. Nach Möglichkeit sollte Flächen aus der Bewirtschaftung genommen und vernässt werden.

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