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Heimlich und eilig: Auch Edewecht soll „verlässliche“ Grundschule erhalten – Schulausschuss bleibt außen vor

Mittwoch, 26. Januar 2000 von Uwe M.

(mt) Im Dezember 1998 gab es eine Entschließung des Edewechter Gemeinderates gegen die Einführung der „Verlässlichen Grundschule“ – nun soll der Verwaltungsausschuss am 1. Februar doch noch den Weg zur Einführung dieser umstrittenen Schulform in Edewecht frei machen. Eile ist geboten: am gleichen Tag endet die Antragsfrist, um eine Umwandlung zum 1. August 2000 genehmigt zu bekommen. Eine Beteiligung des Schulausschusses oder eine öffentliche Diskussion dazu ist im Vorfeld nicht geplant und angesichts des Zeitdrucks auch gar nicht mehr zu realisieren. Dieses Verfahren ist durch die Regelungen der Gemeindeordnung nicht gedeckt – und wird trotzdem von der politischen Mehrheit so befürwortet.

Die Landesregierung ist fest entschlossen, das neue Schulmodell zum Erfolg zu machen. Eine 100%ige Lehrerversorgung (auf Kosten anderer Schulen) wird garantiert, außerdem sollen Betreuungskräfte (nicht unbedingt LehrerInnen!) für eine Aufsicht und Beschäftigung der Schulkinder zu festgelegten Zeiten sorgen. Ein pädagogisches „Light“-Modell – darin sind sich die GRÜNEN und die CDU auf Landesebene (und z.B. auch in Westerstede) einig. Sie lehnen dieses von der SPD entwickelte Modell ab. Die Edewechter CDU allerdings entscheidet anders.

Das sich die Stimmung in Edewecht gewandelt hat, hängt mit einer geänderten Genehmigungspraxis zusammen. Seit Herbst 99 können bestehende Volle Halbtagsschulen (in Edewecht gibt es davon zwei) weitergeführt werden, auch wenn andere Grundschulen im Gemeindegebiet zu „Verlässlichen“ umgewidmet werden – das war früher nicht möglich. Das aber hat die Gemeinde angeblich erst im Januar 2000 erfahren.

In aller Stille hat sich die Schepser Schule für eine Antragstellung entschieden – kurzfristig begleitet von einer Infoveranstaltung vor wenigen Tagen. Eine breite öffentliche Diskussion aller Schulen, die von diesen Änderungen betroffen sein könnten, fand nicht statt. Nicht einmal der Gemeindeelternrat wurde über die Antragstellung informiert – obgleich es dort eindeutige Beschlüsse gegen Alleingänge einzelner Schulen gibt.

Die Grundschule Jeddeloh, die von den Schepsern mitgezogen werden sollte, hat sich im Schulelternrat mit großer Mehrheit gegen eine Umwandlung zur „Verlässlichen“ in diesem Jahr ausgesprochen. Pikanterie am Rande: Die SPD hatte durch Fraktionschef Fittje an die Gemeinde den Antrag zur Umwandlung auch der Jeddeloher Schule bereits gestellt – mit Hinweis auf den vermeintlichen Elternwillen, aber ohne dass diese Schule den Wunsch dazu geäußert hatte.

Sicher: Dem Elternwillen und dem Willen der Schule sollte man sich vielleicht nicht entgegenstellen – auch wenn es sich bei der neuen Schulform nach Überzeugung der GRÜNEN um ein denkbar schlechtes Modell handelt. Ärgerlich aber ist, dass die Gelegenheit zur ausführlichen Beratung, auch im Schulausschuss, in den letzten Monaten nicht genutzt wurde. Stattdessen wird jetzt klammheimlich und eilig entschieden . Dass es auch anders gehen kann, zeigt die Gemeinde Apen: Hier ließ man sich für die Beschlussfassung viel mehr Zeit.

Es ist davon auszugehen, dass die geplante Umwandlung durchaus Konsequenzen für die bestehenden Halbtagschulen in Edewecht und Friedrichsfehn haben wird. Angesicht von landesweit 800 Umwandlungsanträgen, mit denen gerechnet wird, werden die erforderlichen Lehrerstunden sicherlich auch aus den Halbtagsschulen herangezogen werden. Die Qualität dieser Schulen wird nach und nach ausgehöhlt. Verständlich , dass die Schepser Grundschule nicht zu den letzten Umwandlerinnen gehören möchte – aber kann das nicht offen besprochen werden?

Nun also wird am 1. Februar in der Nacht der Gemeindedirektor einen Antrag per Fax nach Hannover schicken. Und der Schulausschuss wird irgendwann später brav abnicken. Lang lebe die Transparenz!

Der Kronprinz ist eine Prinzessin: Tritt Vera Dominke die Nachfolge von zu Jührden an?

Sonntag, 16. Januar 2000 von Uwe M.

mt – Eigentlich sollte die große Enthüllung erst am 80. Geburtstag von Bürgermeister Heinz zu Jührden im Herbst 2000 erfolgen – aber schon jetzt deutet vieles darauf hin, dass die CDU Edewecht einen Nachfolger für den im vierten Jahrzehnt amtierenden Bürgermeister gefunden hat.

Sie erinnern sich: Vor einigen Monaten hat zu Jührden erwartungsgemäß verkündet, zur nächsten Kommunalwahl nicht mehr antreten zu wollen. Seitdem schossen die Spekulationen ins Kraut. Von Rivalitäten in der Fraktion war zu hören, MdB Thomas Kossendey dementierte ein ums andere Mal seine Ambitionen auf dieses Amt. Dabei geht es um einiges: Der Kandidat für 2001 dürfte auch der Kandidat um den hauptamtlichen Bürgermeisterposten sein – diese Wahl findet voraussichtlich im Jahr 2004 statt.

Und nun scheint der Kronprinz gefunden zu sein: Eine Frau. Und auch sonst ganz anders als der Alte. Vera Dominke, 46 Jahre alt, Juristin, die als ehemalige Präsidentin der FH Oldenburg bei der Neuordnung der Hochschullandschaft in Niedersachsen auf der Strecke geblieben war, wurde vorsorglich schon mal zur neuen Vorsitzenden der Edewechter CDU gewählt. In diesem Amt löste sie die freundlich, aber eher bedeutungslos agierende Helge Kahnert ab – kaum anzunehmen, dass diese so ganz freiwillig aus dem Amte schied. Sie hat Platz gemacht für die Neue, der eine Basis für den anstehenden PR-Zug durch Edewecht geschaffen werden muss, um ihre Chancen zu erhöhen. Da sie weder Präsidentin des Ammerländer Schützenbundes ist noch sonstwie erkennbar die typischen Seilschaften einer aufstrebenden Kandidatin mitbringt, wird die Zeit auch langsam knapp.

Nun also präsentiert die CDU eine Frau mit neuen, geradezu staatstragenden Tönen: Interessenvertreterin für die Bürger will sie sein, in einer partnerschaftlich orientierten politischen Kultur. Ideen aus dem anderen Lager sollen ernst genommen werden, so war in einem Personality-Artikel in der NWZ zu lesen (15.1.2000). Das hat es in der hiesigen CDU lange nicht gegeben – führen hier doch bisher eher die Wadenbeißer und Männer fürs Grobe das Wort – während die stille CDU-Mehrheit schweigt (zumindest in der Ratsfraktion). Wie auch immer: Zwischen den Zeilen empfiehlt sich die Wissenschaftlerin für mehr als nur das Amt der Parteivorsitzenden. Und bringt als Juristin mit Verwaltungserfahrung sicherlich eine vorzügliche Visitenkarte mit.

Vera Dominke wird es nicht leicht haben. In über 30 Jahren hat sich in Edewecht das „System zu Jührden“ etabliert – ein solcher Sumpf will erst einmal trocken gelegt sein. Wird sie an den Beziehungen des Alten anknüpfen oder aber aufräumen, wie sie es zur Zeit als Sonderermittlerin an der Medizinischen Hochschule Hannover praktiziert? Wird die Fraktion diese Personalentscheidung mittragen? Oder werden dort erst mal diejenigen Dampf ablassen, die sich jahrelang unter zu Jührden nicht zu bewegen trauten – oder die der Alte einfach nicht zum Zuge kommen ließ? Drohen Zwischenahner Verhältnisse in der Edewechter CDU?

Aus einer Ecke jedenfalls hat Vera Dominke kaum etwas zu befürchten: von der SPD. Deren Fraktionschef Hans Fittje möchte sicherlich auch gern Bürgermeister werden (das will er schon seit Jahren), schafft es aber nicht einmal, in seinen eigenen Laden einigermaßen Ruhe und Geschlossenheit hinzubekommen. Ständig gibt es Reibereien in der Fraktion – und statt mit klaren Profil an die Öffentlichkeit zu treten und sich von der CDU abzusetzen, erweist Fittje sich immer wieder als der größte Anhänger des derzeitigen Bürgermeisters. Ungezählt sind mittlerweile seine Lobesreden auf Heinz zu Jührden im Gemeinderat. Warum also SPD wählen?

Die nächsten Monate in Edewecht versprechen spannend zu werden. Selbstbeweihräucherung im Rahmen der 850-Jahr-Feier, die ungelösten Verkehrsprobleme (und dazu die unbequeme Bürgerinitiative), fehlender Schulraum, das ungebremste Wachstum der Einwohnerschaft und und und: viele Gelegenheiten für Vera Dominke, sich profiliert zu Wort zu melden. Und – wenn man der NWZ glauben darf – in einem anderen Tonfall, als wir es bisher von der CDU gewohnt waren. Werden die eigenen Leute ihr die Chance gönnen?

Frei nach Heinrich Heine

Mittwoch, 12. Januar 2000 von Jack Morin

In der NWZ vom 12. Januar 2000 äußerten sich der Edewechter Bürgermeister Heinz zu Jührden (79, CDU) und Gemeindedirektor Godehard Iwan zu der rasanten Einwohnerentwicklung in der Gemeinde: „Einwohnerzahl 19.000 direkt vor Augen“, so konnte man lesen und vom „Stolz“ des Bürgermeisters auf dieses Wachstum. Seit Jahren verfolgt die politische Mehrheit in Edewecht nur ein Ziel: Die Einwohnerzahl von ZWANZIGTAUSEND zu erreichen – ohne Rücksicht auf Verluste.

Aber nicht alle Edewechter Bürgerinnen und Bürger sind von dieser Gigantomanie begeistert. Der LÖWENZAHN-Leser Jack Morin aus Edewecht schickte uns als Reaktion auf den NWZ-Artikel das folgende Gedicht. Wir danken für die Erlaubnis, es hier veröffentlichen zu dürfen:

Frei nach Heinrich Heine

Ich weiß doch, was soll es bedeuten,
Dass ich so traurig bin;
Eine Gemeinde in dem Stil des Alten,
Die kommt mir nicht aus dem Sinn.

Die Luft war rein, die Straßen still,
Und die Zahl sehr gering,
die in Frieden lebten …

Die Zeit verrann und Grün verschwand,
Linden geräumt, Bahnhof verbannt,
Alles geschwind, alles geheim.

Ich glaube, Autowellen verschlingen
Am Ende noch Grün, Leut‘ und Frieden
Und das hat mit ihrem Ringen
Um die ZAHL
Die Gemeinde getan.

Jack Morin – Edewecht, 12. Januar 2000

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